Als Panenka den Elfmeter neu erfand
Die Begegnung Deutschland gegen Tschechien steckt voller Fußballgeschichte. Wir erinnern uns an die fünf denkwürdigsten Spiele zwischen den Nachbarländern.
Rückfall in düstere Zeiten
17. Oktober 2007, München,
EM-Qualifikation, 0:3
Im Jahr nach dem Sommermärchen scheint der deutsche Fußball nur eine Richtung zu kennen: nach oben. Die EM-Qualifikation gelingt locker. Im abschließenden Heimspiel gegen die Tschechen geht es um nichts mehr – anders als für den Gegner. Die Mannschaft um den Ex-Dortmunder Jan Koller und den feinfüßigen Jaroslav Plašil ist in allen Belangen überlegen. Dem schnellsten Gegentor seit 20 Jahren durch Libor Sionko in der 2. Minute folgt Marek Matejovskys Nackenschlag nach 23 Minuten. Die blutleere deutsche Mannschaft bemüht sich danach, aber nach Plašils 3:0 steht fest: Das ist das schwächste Spiel in der noch jungen Ära Löw.
Bierhoffs Golden Goal zum EM-Titel
30. Juni 1996, London,
EM-Finale, 2:1
„Football is coming home“ ist die Hymne der Europameisterschaft 1996 in England. Nachdem die DFB-Elf das gastgebende Team im Halbfinale besiegt hat, wartet die „Goldene Generation“ der Tschechen im Finale. Karel Poborský, Patrick Berger und natürlich Pavel Nedved haben im Turnierverlauf Italien, Frankreich und Portugal besiegt. Auch im Finale gehen sie durch einen Elfmeter von Berger in Führung, doch Oliver Bierhoff gleicht per Kopf aus. In der Verlängerung schlägt Bierhoff erneut zu. Der Italien-Legionär steht mit dem Rücken zum Tor, Drehung, Schuss. Ein Abwehrspieler fälscht leicht ab, Tschechiens Keeper Petr Kouba kann den Ball nicht entscheidend abwehren, vom Innenpfosten springt er ins Tor. Golden Goal – Deutschland ist Europameister.
Tobender Kaiser, pfeifender Kohl
1. Juli 1990, Mailand,
WM-Viertelfinale, 1:0
Deutschland gegen die Tschechoslowakei – das Land, das sich 1992 in Tschechien und Slowakei trennen sollte. 70 Minuten lang zeigt das DFB-Team ein gutes Spiel, dann aber setzt Ľubomír Moravčík gegen Pierre Littbarski zur Schwalbe an, auf die Schiedsrichter Helmut Kohl aus Österreich nicht reinfällt. Was folgt, ist ein fliegender linker Schuh, daraufhin eine rote Karte wegen Unsportlichkeit und ein fliegender rechter Schuh. Nachdem der barfüßige Moravčík endlich den Platz verlassen hat, kippt das Spiel – zugunsten der Tschechoslowaken. Statt den Ball laufen zu lassen, verzetteln sich die Deutschen in Einzelaktionen. Franz Beckenbauer tobt an der Seitenlinie. Zum Glück hat Lothar Matthäus die DFB-Elf schon in der ersten Hälfte per Elfmeter nach Foul an Jürgen Klinsmann auf die Siegerstraße gebracht. Finaleinzug, alles super eigentlich. Doch der Kaiser wütet in der Kabine weiter.
Uli Hoeneß und der Nachthimmel
20. Juni 1976, Belgrad,
EM-Finale, 3:5
Der amtierende Weltmeister hat sich wieder ins Finale vorgekämpft. Doch wie schon im Halbfinale gegen die Jugoslawen verschlafen die Deutschen die Anfangsphase und liegen 0:2 zurück. Dieter Müller und Bernd Hölzenbein in der Schlussminute retten die DFB-Elf in die Verlängerung. Weil keine weiteren Tore fallen, kommt es erstmalig zu einem Elfmeterschießen im Finale eines großen Turniers. Vor allem die letzten beiden Schüsse gehen in die Fußballgeschichte ein: Erst schreitet der 24-jährige Uli Hoeneß an den Punkt und jagt den Ball in den Belgrader Nachthimmel. Danach ist Antonin Panenka an der Reihe und lupft den Ball frech in die Tormitte. Weil Torwart Sepp Maier in die Ecke springt, ist die ČSSR Europameister. Immerhin: Nach der „Nacht von Belgrad“ schreiben Helmut Kohl, Franz-Josef Strauß und viele andere Trostbriefe an Hoeneß.
Unbarmherziger Nejedly
3. Juni 1934, Rom,
WM-Halbfinale, 1:3
Die Weltmeisterschaft 1934 im von Diktator Benito Mussolini beherrschten Italien wird komplett im K.-o.-Modus gespielt. Auf dem Weg ins Halbfinale kann die deutsche Mannschaft Belgien und Schweden ausschalten. Dort wartet mit der ČSSR eine echte Spitzenmannschaft. Zu allem Unglück fällt auch noch Mittelstürmer Karl Hohmann aus dem Rheinland verletzt aus. Weil zudem der gebürtige Frankfurter Willibald Kreß im Tor nicht seinen besten Tag erwischt, steht die DFB-Elf auf verlorenem Posten. ČSSR-Angreifer Oldřich Nejedlý erzielt gegen den Schlussmann mit dem Spitznamen „schöner Willibald“ drei Treffer und wird später Turnier-Torschützenkönig. Der zwischenzeitliche Ausgleich von HSV-Stürmer Rudolf Noack ist nur ein kurzes Strohfeuer.