Bye Bye Profi
Die erste Runde im DFB-Pokal steht an und damit wieder einige Duelle zwischen Amateuren und Profis. Fast immer stolpert ein Bundesligist und wird zur Lachnummer der Fußballnation. So weit, so gewöhnlich. Doch was 2001 geschah, ging in die Fußball-Annalen ein.
Es ist eines der schönsten Rituale des deutschen Fußballs: das Duell David gegen Goliath in der ersten Runde des DFB-Pokals. Siegessichere, vermeintlich unbezwingbare Riesen taumeln, fallen um und verlieren gegen unbekannte Winzlinge. Die Winzlinge sind manchmal nicht mehr als ein Haufen über sich hinauswachsende Feierabend-Kicker, die pomadigen Profis eine Lektion erteilen.
Besonders reich an Überraschungen war die Saison 2001/02. Gleich fünf Bundesligisten zogen in der ersten Runde gegen Amateure den Kürzeren. Wir erinnern an den wohl verrücktesten Auftakt in der Geschichte des DFB-Pokals.
Fiore ärgert Ede Geyer
KFC Uerdingen – Energie Cottbus 1:0
Knappes Ergebnis, aber hochverdienter Sieg. Nicht nur kämpferisch, auch technisch ist nicht erkennbar, wer in der ersten Liga spielt – und wer zwei Etagen tiefer. Uerdingen hätte sogar höher siegen können. Das Tor des Tages erzielt Giancarlo Fiore, Torwartikone Tomislav Piplica war machtlos. Energie-Trainer Ede Geyer kann einwechseln, wen er will: Gegen das vom damals unbekannten Jos Luhukay trainierte Team aus Krefeld ist in diesem Spiel kein Kraut gewachsen.
Hansa noch im Sommerurlaub
VfL Osnabrück – FC Hansa Rostock 2:1
Der Auftritt der Hansa-Kicker in Osnabrück könnte behäbiger kaum sein. Während die Profis keinen Schritt zu viel machen, rennen die Regionalliga-Kicker, als gäbe es kein Morgen. Dass es nach einer Stunde lediglich 1:0 steht, liegt einzig und allein an der sorglosen Chancenverwertung der Niedersachsen. Rostock hingegen fabriziert erst in der 62. Minute so etwas wie eine Torchance. Anstatt nervös zu werden, spielt „Osna“ einfach weiter, bis schließlich irgendwann das 2:0 fällt. Nun schwant den Rostockern, dass der Auftritt heute in die Hose gehen könnte. Es fällt zwar der Anschlusstreffer, doch das schockt den Underdog überhaupt nicht.
Erdbeben in Fußballdeutschland
VfL Wolfsburg Amateure –
Borussia Dortmund 1:0
Auch wenn BVB-Trainer Matthias Sammer nur mit der zweiten Garde antritt, stehen alle Zeichen auf Sieg für die Schwarz-Gelben. Immerhin tummeln sich trotzdem sieben Nationalspieler auf dem Platz. Aufseiten des Viertligisten aus Wolfsburg sind ein paar Jungprofis dabei, darunter der 20-jährige Maik Franz, der sich später zu einem Kult-Verteidiger entwickeln wird. Die No-Names bringen es tatsächlich fertig, zu null zu gewinnen. Ein gewisser Ingo Vandreike sorgt mit seinem 1:0 für ein Erbeben in Fußballdeutschland. „Hitzkopf“ Sammer versteht die Welt nicht mehr.
Musci lässt die Muckis spielen
SV Darmstadt 98 - FC St. Pauli 3:1
St.-Pauli-Coach Dietmar Demuth nimmt diese Partie nicht auf die leichte Schulter. Alle wichtigen Spieler spielen. Nico Patschinski im Sturm, Thomas Meggle im Mittelfeld sowie André Trulsen und Holger Stanislawski in der Abwehr. Reicht aber nicht gegen die Lilien. Das 1:0 von Boris Kolb egalisiert Patschinski noch zwei Minuten später. Doch auf den erneuten Führungstreffer des Regionalisten durch Sascha Maier findet Pauli keine Antwort. Irgendwie sind die Hessen in allen Belangen besser. Als Patschinski kurz vor Schluss den Ausgleich verpasst, macht Audenzio Musci den Deckel drauf. Ohne Tor bleibt dagegen Darmstadt-Stürmer David Wagner, später Trainer des FC Schalke 04.
„Der Club is a Depp“
SSV Ulm – 1. FC Nürnberg 2:1
Verbandsligist gegen Bundesligist? Easy! Von wegen. Ein Klassenunterschied ist nicht erkennbar. Wie eine Spitzenmannschaft laufen die Ulmer ihre Gegner früh an und zwingen sie zu Ballverlusten. Schon damals Pressing à la Klopp. Haben die lässigen Cluberer doch mal den Ball, ziehen sich die Ulmer Spatzen geschickt zurück. Zur Halbzeit steht es 1:1. Die Jungs vom SSV legen nun eine Schippe drauf – und plötzlich steht es 2:1. Die Reaktion der Nürnberger? Es gibt keine. Dieses Spiel ist bis heute die einzige Partie, in der ein Fünftligist einen Bundesligisten rauskegelt. Und was sagen die Anhänger der Franken dazu? „Der Club is a Depp.“