Ein Heber für die Ewigkeit
Im April 1986 stößt der 1. FC Köln mit einem 4:0-Sieg gegen KSV Waregem aus Belgien das Tor zum UEFA-Pokal-Finale ganz weit auf. Mit dabei: Ralf Geilenkirchen, damals gerade aus der FC-Jugend zu den Profis gekommen. So erlebte er das vorentscheidende Spiel.
UEFA-Pokal-Halbfinale, das war irre. Ich war ja noch ein junger Spieler, stand ganz am Anfang meiner Karriere. Im Jahr zuvor war ich aus der A-Jugend des 1. FC Köln zu den Profis gestoßen – gemeinsam mit Bodo Illgner und Thomas Häßler. Schule beendet, endlich Vollprofi.
Die Stimmung in Köln war super. Ist sie ja eigentlich immer. Aber das Halbfinale eines europäischen Wettbewerbes verhieß die Chance, etwas Außergewöhnliches zu erreichen. In ein Finale hatte es der FC in seiner Geschichte bis dato nicht geschafft. Endstation war immer spätestens das Halbfinale gewesen.
Mit breiter Brust ins Halbfinale
Wir gingen als Favorit ins Spiel und waren im Vorfeld entsprechend selbstbewusst. Den Druck hat das nicht geschmälert, wir alle spürten eine gewisse Erwartungshaltung in der Stadt: Dieses Mal musste es mit dem Finaleinzug endlich was werden! Zugleich wussten wir genau: Gerade in solchen Wettbewerben kommt es regelmäßig vor, dass sich die vermeintlich schwächere Mannschaft überraschend durchsetzt.
Eine breite Brust hatten wir aber definitiv. Alles andere wäre auch Quatsch gewesen. Mit Toni Schumacher, Klaus Allofs, Pierre Littbarski und Paul Steiner standen ja zahlreiche Nationalspieler in unserer Mannschaft. Dazu noch Jungstars wie Thomas Häßler und Olaf Janßen. Wir hatten schon eine super Truppe zusammen.
Ich war zu der Zeit auch bei der Bundeswehr, um meinen 15-monatigen Grundwehrdienst abzuleisten. Einmal die Woche mussten wir mit der Bundeswehr-Auswahl in die Sportschule nach Duisburg zum Training. Dazu kam noch die U-21 und eben Bundesliga. „Sir“ Georg Keßler, unser Trainer, hat mir daher regelmäßig Ruhepausen verordnet. Ich war ja eher der Kämpfertyp, der auf der Außenbahn hoch und runter marschiert ist. Bei so einem Programm geht das irgendwann an die Substanz.
Ein Heber für die Ewigkeit
In der Südkurve herrschte immer die beste Stimmung, von dort gingen die meisten Schlachtrufe aus. Die Unterstützung der Fans hat uns immer wahnsinnig getragen. Bei schlechten Leistungen gab es vonseiten der Fans damals allerdings auch ziemlich klare Unmutsbekundungen. An dem Halbfinal-Abend war die Stimmung besonders gut. Und dann haben wir auch noch spektakulär gespielt.
Von Anfang an machten wir richtig Druck. Ich saß auf der Bank, habe mitgefiebert und auf das Signal vom Trainer gewartet, mich warmzulaufen. Klar war ich erst mal enttäuscht, dass ich nicht von Anfang an ran durfte. Aber da ich sonst oft in der Startelf stand, habe ich mir gute Chancen ausgerechnet, dass ich noch eingewechselt werden würde. Der Trainer sah mich mitunter als Joker, der zum Ende hin noch mal mit frischer Kraft Nadelstiche setzen konnte.
In der 68. Minute war es dann endlich soweit. Hans-Peter Lehnhoff, der zum 1:0 getroffen hatte, ging vom Feld und ich übernahm seine Position auf der rechten Seite. Zu dem Zeitpunkt stand es dank zwei weiteren Tore von Klaus Allofs schon 3:0. Ich war keine zehn Minuten im Spiel, da bekam ich den Ball rechts an der Kante des Strafraums zugespielt. Ich hatte gesehen, dass Waregems Torwart ein bisschen weit vor seinem Kasten stand und hab es einfach direkt mit einem Heber versucht. Der wurde noch leicht abgefälscht und schlug hinter dem Keeper im Tor ein. 4:0! Ein Tor im UEFA-Pokal zu machen, ist immer etwas Besonderes. Dass es so kurz nach meiner Einwechslung klappte, war natürlich extra toll.
Fast am Ziel
Nach dem klaren Sieg haben wir in der Kabine schon ziemlich ausgelassen gefeiert. Das war mehr als die halbe Miete, da waren wir uns sicher. Die Tür zum Finale stand ganz weit offen. Und dort würde der Gegner Inter Mailand oder Real Madrid heißen. Ein Traum!
Beim Rückspiel in Waregem, wo wir mit einem 3:3 den Finaleinzug perfekt machten, haben es unsere Fans dann leider etwas übertrieben. Es kam zu Ausschreitungen. Zur Strafe durften wir das Rückspiel im Finale nicht daheim in Köln spielen. Statt in ein volles Müngersdorfer Stadion ging es dann in ein mit 20.000 Zuschauern spärlich besetztes Berliner Olympiastadion. Das war schon bitter. Da stehst du im Finale des UEFA-Pokals gegen Real Madrid und dein Heimspiel ist gar keins. Nach dem 1:5 im Hinspiel hätte uns die Unterstützung unserer Fans sicherlich gutgetan. Das 2:0 hat dann nicht zum Wunder gereicht. Im Rückspiel habe ich sogar ein weiteres Tor geschossen. Die Königlichen waren aber eine Nummer zu groß für uns.
An die Euphorie rund um das UEFA-Pokal-Finale denke ich bis heute gerne zurück. Für mich persönlich war es der größte sportliche Erfolg meines Lebens.