Einziges DDR-Frauen-Länderspiel

Einmal und nie wieder

Einmal und nie wieder

Frauenfußball wurde in der DDR lange Zeit nicht gefördert. Der Durchbruch gelang erst, als die Mauer bereits gefallen war. Am 9. Mai 1990 trat die DDR-Nationalmannschaft der Frauen zu ihrem ersten und einzigen Länderspiel gegen die damalige Tschechoslowakei an. Ein Rückblick.

1990 ist ein historisches Jahr, auch für den Frauenfußball. Während in der Bundesrepublik Deutschland bereits seit 1982 regelmäßig Länderspiele stattfinden und sich die Frauen-Nationalmannschaft im Sommer 1989 den ersten Europameister-Titel sichert, ist die Situation in der DDR anders. Das erste und einzige Länderspiel der DDR-Frauen-Nationalmannschaft findet erst nach dem Mauerfall am 9. Mai 1990 im Karl-Liebknecht-Stadion in Potsdam statt.

Frauenfußball lange Zeit als Leistungssport nicht anerkannt

Dabei ist der Frauenfußball in der DDR im Gegensatz zur Bundesrepublik Deutschland  nie verboten. Ganz im Gegenteil: Schon Ende der 1950er Jahre hatten Frauen in der DDR Fußball gespielt, ab Ende der Sechziger gründeten sich immer mehr Teams. An einen regulären Spielbetrieb ist dennoch lange nicht zu denken. Als nicht-olympische Disziplin wird Frauenfußball nicht als Leistungssport gefördert, von den DDR-Funktionären gar zum Freizeit- und Erholungssport deklariert. Trainingscenter und Sportclubs bleiben den Frauen verwehrt, sie organisieren sich in sogenannten Betriebssportgemeinschaften, kurz BSG.

Erst Ende der 1970er Jahre ändert sich etwas an dieser Situation. Die DDR-Funktionäre beschließen, ab 1979 eine „Bezirksbestenermittlung“ einzuführen sowie eine „DDR-Besten-Frauenmannschaft“ ermitteln zu lassen. Was sie nicht sagen: Eine Meisterschaft ist das immer noch nicht, denn die hätte dem Frauenfußball den Status des Leistungssportes verliehen. Und der hätte finanziell gefördert werden müssen. Der Durchbruch erfolgt acht Jahre später mit der Einführung einer zweigleisigen Liga Nord/Süd. Diese nimmt ihren regelmäßigen Spielbetrieb zur Saison 1987/1988 auf. Spitzenteams sind BSG Rotation Schlema und Turbine Potsdam.

Schließlich erhalten deren beiden Trainer, Bernd Schröder aus Potsdam und Dietmar Männel aus dem Erzgebirge, den Auftrag, eine DDR-Frauen-Nationalmannschaft aufzubauen. Sie suchen sich aus der gesamten DDR die besten Spielerinnen zusammen: Heike Baars aus Schlema, Sybille Brüdgam aus Potsdam, Katrin Prühs aus Rostock. Monatelang bereiten sie sich in Vorbereitungslehrgängen auf ihr erstes Länderspiel vor. Und die DDR-Fußballerinnen können bei der neuen Infrastruktur, die ihnen zugänglich gemacht wird, nur staunen: neue Trainingsanzüge, Schuhe, Bälle, Kunstrasen, Lichtschrankensystem, Torkanonen, Torwand und Joghurt aus dem Westen. Diesen Luxus kennen sie so nicht.

Voller Einsatz: Sybille Brüdgam von Turbine Potsdam im einzigen DDR-Länderspiel gegen die Tschechoslowakei.
Titelträger: Erster und einziger offizieller DDR-Meister wird 1990/91 die BSG Post Rostock. Hier eine Aufnahme aus einem Spiel gegen Karl-Marx-Stadt zehn Jahre zuvor. Foto: Ullstein Bild
Frauenfußball, Turbine Potsdam
Trainer-Ikone: Bernd Schröder avanciert mit Turbine Potsdam nach der deutschen Einheit zur erfolgreichsten Mannschaft aus dem Osten. Foto: Ullstein Bild

Das erste und einzige Länderspiel am 9. Mai 1990

Doch als das erste Länderspiel endlich stattfindet, ist es eigentlich schon zu spät. Etwa 800 Zuschauer und Zuschauerinnen sehen am 9. Mai 1990 im Potsdamer Karl-Liebknecht-Stadion das Spiel gegen die Tschechoslowakei. Es gibt keine Live-Übertragung, nur eine kurze Zusammenfassung in der Sendung „Sport Aktuell“. Trotzdem sind alle Spielerinnen nervös. Ihnen bleibt nur dieses eine Spiel, um auf sich aufmerksam zu machen. Und das bei einem Gegner, der schon seit Jahren zusammenspielt. Die Nationalhymne der DDR wird gespielt, die Seite wird gewählt, Anstoß. Das Ziel der Mannschaft: die Tschechoslowakinnen vom eigenen Tor wegzuhalten und die Flucht nach vorne zu wagen.

Doch während des Spiels zeigt sich bald, dass die DDR-Frauen gegen die athletischen und erfahrenen Spielerinnen der Tschechoslowakei keine Chance haben. Die Mannschaft verliert klar mit 0:3. Am Ende sind alle stolz, dabei gewesen zu sein und nicht höher verloren zu haben. Klaus Petersdorf, Generalsekretär des DDR-Fußballverbandes, ist sogar entschlossen, dem Frauenfußball in der DDR zukünftig den gebührenden Platz einzuräumen und ihn aus dem Schattendasein zu heben. Dazu kommt es nicht mehr. Wenig später ist die DDR Geschichte, der ostdeutsche Fußballverband geht im Deutschen Fußball-Bund (DFB) der Bundesrepublik auf.

Deutscher Frauenfußball ist auch nach der deutschen Wiedervereinigung auf Erfolgskurs

Historisch bedeutend für den Frauenfußball bleibt das einzige Länderspiel der DDR dennoch. „Normalerweise müssten wir im Guinnessbuch der Rekorde stehen. Über 20 Jahre habe ich darum gekämpft, bis wir endlich das erste Länderspiel machen durften. Ich, ja wir alle hatten schon gar nicht mehr damit gerechnet“, erinnert sich Bernd Schröder später.

In der Folge wird zur Saison 1990/1991 die eingleisige Oberliga Nordost gegründet – und damit erstmals eine richtige Meisterschaft ausgespielt. Erster und einziger offizieller DDR-Meister wird die BSG Post Rostock. Mit dem Ende der DDR schaffen es erst mal nur der USV Jena und Wismut Aue, ehemals Rotation Schlema, in die Bundesliga. Nach einer Saison steigen sie jedoch wieder ab.

Bernd Schröder trainiert noch bis 2016 den 1. FFC Turbine Potsdam und avanciert mit dem Club zur erfolgreichsten Mannschaft der ehemaligen DDR. Heute ist das Team aus Brandenburg mehrfacher deutscher Meister, Pokalsieger und Champions-League-Sieger. Auch die vereinigte Frauen-Nationalmannschaft ist erfolgreich. Nach dem ersten Europameister-Titel folgen noch sieben weitere Titel bei den Europameisterschaften, dazu sichern sich die Fußball-Frauen zweimal die Weltmeisterschaft, zuletzt 2007.