Gastbeitrag von Gábor Király: Kult-Keeper verrät die Geheimnisse seiner Jogginghose
Gábor Király war 26 lange Jahre Fußballprofi, bei Hertha BSC wurde er in den späten 1990ern zum Publikumsliebling. Heute lebt der 45-Jährige wieder in seiner Heimat Ungarn, betreibt eine Sportschule und hat mit dem Király FC sogar seinen eigenen Verein gegründet. Neben starken Leistungen blieb den Fans aber vor allem seine graue Jogginghose in Erinnerung. Ein ausgefallener Look, den es so im Profifußball nicht gab. Király war einfach anders – und wurde Kult. Zum offiziellen Tag der Jogginghose am 21. Januar schreibt die Torwartlegende hier exklusiv, wie er sie durch Zufall das erste Mal trug, wie er damit heute Geld verdient und warum er sie privat nie tragen wollte.
Von Gábor Király
Der Modeschöpfer Karl Lagerfeld (†2019) hat einmal gesagt: „Wer eine Jogginghose trägt, hat die Kontrolle über sein Leben verloren.“ Nach 882 Spielen in 26 Profijahren, davon 23 in Jogginghose, kann ich sagen: Ich bin der lebende Beweis, dass man auch mit Jogginghose einiges erreichen und die Kontrolle behalten kann.
Die graue Hose war bei all meinen Profistationen Kult; Fans und Medien liebten sie. Ich selbst habe den Hype nie so ganz verstanden, denn für mich war sie einfach meine Arbeitskleidung. Dabei fing alles durch einen Zufall an.
1996 spielte ich als junger Torwart in Ungarn bei meinem Heimatklub Haladás Szombathely. Zu Beginn meiner Karriere waren die Plätze in Ungarn nicht immer im besten Zustand, also spielte ich in langen schwarzen Hosen. Doch eines Tages waren die Waschmaschinen im Verein kaputt, die einzig saubere war eine graue Jogginghose. Wir waren damals in Abstiegsnot und gewannen das Spiel. Die graue Hose hatte also Glück gebracht. Ich behielt sie an, wir blieben insgesamt neun Spiele ungeschlagen, hielten die Klasse – und ich zog die Hose nicht mehr aus. Die Hose aus meinem ersten Spiel habe ich sogar heute noch zu Hause. Der Stoff ist nicht mehr der frischeste, vielleicht will sie ja ein Museum haben…
Am Anfang habe ich meine Hosen immer noch selbst gekauft, später war es dann bei all meinen Profistationen aber wichtig, dass der jeweilige Ausrüster auch eine graue Jogginghose im Sortiment hatte. Sie war nicht nur mein Markenzeichen, sondern auch mein Glücksbringer. Ich habe mich immer liebevoll um alles gekümmert, sie nach jedem Training oder Spiel mit nach Hause genommen und dort selbst gewaschen.
Wenn man regelmäßig über den Fußballplatz springt, ist der Verschleiß dementsprechend hoch. Pro Saison habe ich 15 bis 20 Hosen verbraucht. Bei Regen kann sich die Baumwollhose mit Wasser vollsaugen und wird dann gerne ein bis zwei Kilo schwerer, aber auch das ist Gewöhnungssache. Genau wie im Sommer: In Ungarn kann es auch mal 40 Grad heiß werden, da habe ich dann zur besseren Durchlüftung in einer Dreiviertelhose bis zum Knie gespielt. Aber man passt sich als Profi immer den Bedingungen an.
Viele haben sich gewundert, warum die Hose so groß und schlabberig war. Meine Größe ist XL, ich habe sie aber immer in XXL getragen. Ganz einfach, weil ich in der großen Hose beweglicher war und besser springen konnte. In den 1990er-Jahren war der Schnitt noch ziemlich weit, im neuen Jahrtausend wurde er dann etwas enger. Wichtig ist auch, dass sie an den Knöcheln Bündchen hat.
1997 ging ich nach Berlin zu Hertha BSC. Meine Mitspieler kannten mich nicht und auch die Jogginghose sorgte anfangs für komische Blicke. Aber ich bin kein Topmodel und spiele nicht, um schön auszusehen. Meine Frau Zsanett hat das auch nie gestört. Sie trägt zu Hause sogar selbst eine graue Jogginghose. Für mich war nicht das Outfit entscheidend, sondern immer die Leistung auf dem Platz. Denn wenn man gut spielt, ist es egal, wie man aussieht. Für mich war die Hose nichts Besonderes, sie gehörte dazu wie meine Schuhe oder meine Handschuhe.
Zum Ende meiner Länderspielkarriere bekam die Jogginghose bei der EM 2016 noch mal eine große internationale Bühne. Zwar war ich seit über 20 Jahren aktiv, dennoch kannten sie viele Zuschauer noch nicht, es entstand ein neuer Hype. In jenem Sommer war es extrem heiß in Frankreich, zum Glück hatte unser Ausrüster eine Hose aus besonders dünnem Stoff für mich. Wir spielten ein tolles Turnier und das kleine Ungarn schaffte es bis ins Achtelfinale. Ich brach sogar einen Rekord, wurde mit 40 Jahren zum ältesten Spieler, der je bei einer EM spielte – und löste damit Lothar Matthäus ab.
Dass ich überhaupt so lange aktiv sein konnte, lag auch daran, dass ich in meiner gesamten Karriere praktisch nie verletzt war. Häufig kam die Frage, ob mich die Hose über die Jahre besonders geschützt habe. An magische Kräfte einer Jogginghose glaube ich aber nicht. Ich habe mich einfach immer gut gedehnt und auf meinen Körper geachtet. Vielleicht haben auch meine guten Gene etwas geholfen.
Auch nach meinem Karriereende 2019 wurde ich immer wieder auf die Jogginghose angesprochen, deswegen vertreibe ich sie jetzt einfach selbst. Mit meiner Sportmarke „K1raly“ verkaufe ich allerlei Sportartikel, natürlich auch die graue Jogginghose. Zunächst nur in einem Geschäft in meiner Heimatstadt, seit der Pandemie auch über einen Onlineshop. Und die Leute sind richtig heiß auf die graue Hose. Ob aus England, Finnland, China oder den USA – uns erreichen Bestellungen aus der ganzen Welt.
Hatte die Jogginghose früher eher ein Schmuddelimage, ist sie im Laufe der Zeit gesellschaftlich immer anerkannter und alltäglicher geworden; viele Leute laufen damit heute ganz normal durch die Straßen. Für mich war das undenkbar, sie war meine Arbeitskleidung. Während meiner gesamten Karriere habe ich die Jogginghose privat nie angezogen – doch während der Pandemie habe ich jetzt auch angefangen, die graue Hose zu Hause zu tragen. Sie ist einfach wahnsinnig bequem. Und trotzdem habe ich mein Leben weiterhin unter Kontrolle.